top of page

Neuenkirchen

Diese Seite ist noch eine Baustelle, an der immer weiter gearbeitet wird. Ich bitte um etwas Geduld. 

Ich bin auch davon abhängig, Mitstreiter zu finden, um über Neuenkirchen vielfältig und genau zu schreiben. Herzlichen Dank allen, die sich zur Mitarbeit bereit erklärt haben. Ich suche immer Mitstreiter. Wer macht mit, wer meldet sich?

Die Fotogalerie von Neuenkirchen ist gut bestückt. Viele Einwohner haben tolle Bilder zur Verfügung gestellt. Schauen Sie sich um.

oder selbst wählen 0171/ 510 73 60.

Weg-von-Greifswald-nach-Neuenkirchen.jpg

Weg von Greifswald bis zur Kirche in Neuenkirchen, kurz vor dem Stettiner Hof

Quelle - Greifswald in hundert Bildern, Fotos von ca. 1890,  Fotoalbum Chr. Bernhardt

Willkommen!

Unsere Ururahnen

 

In Vorpommern ist die Funddichte historischer Artefakte nicht sehr groß. So haben Archäologen zum Beispiel erst acht Gräber gefunden. Diese wurden untersucht und auf das erste bis vierte Jahrhundert datiert. 

Vor circa 20 Jahren wurde im Gemeindegebiet ein weiterer Fund den Wissenschaftlern angezeigt. Spaziergänger aus Neuenkirchen fanden in der Wurzel eines umgestürzten Baumes einen Gegenstand, der sich später als Urne aus Keramik herausstellte. In dieser befanden sich

_22-N-Ki-06-Urne-untersucht-von-Arthur-B

Brandbestattungsurne, Archäologische Bereichte, Heft 21, 2014, S. 36. *

Brandreste einer Bestattung und weitere unvollständige Gegenstände. Sie wurden auf des beginnende 3. Jahrhundert datiert. Die Archäologen schlossen aus der Machart der Gegenstände, dass diese aus Skandinavien stammten. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Besiedlung unserer Region in den ersten Jahrhunderten nach Christi vorwiegend von Dänemark und Schweden aus erfolgte. *

 

Nach dem 4. Jahrhundert sank die sowieso schon geringe Bevölkerungsdichte, germanische Stämme zogen sich zurück. Warum das so war, dafür gibt es keine fundierten Erkenntnisse. Ein Blick in das Wetter der damaligen Zeit könnte einen Erklärungsansatz bieten. Um 200 bis ungefähr 900 gab es in Deutschland eine Kälteperiode. Die Temperaturen sanken im Jahresdurchschnitt um 2 bis 3 Grad. Ab 700 erwärmte sich das Klima wieder. Die Völkerwanderung brachte neue Siedler in unsere Gegend, die erste Niederlassungen mit Dorfstruktur wie Damme (lateinisch Dammae, später Neuenkirchen) und Wampen (Vampand) gebildet haben könnten.

 

* Arthur Behn: Aus der Wurzel.  Ein spätkaiserliches Brandschüttungsgrab mit skandinavischem Kamm aus Neuenkirchen, Archäologische Berichte, H 21, 2014.

Neuenkirchen – Nienkerken - Damme  

 

„Nienkerken“ steht in den Procuraturbüchern (Aufzeichnungen zur Vermögensverwaltung) der Universität Greifswald zu lesen und zwar bis 1707. In diesen handschriftlichen Unterlagen wurden die geleisteten Abgaben von Bewohner der Dörfer, die der Lehreinrichtung gehörten, mit Namen und Abgabenhöhe aufgelistet. Nach 1707 wird das Dorf in diesen Dokumenten „Neuenkirchen“ genannt. In der schwedischen Matrikelkarte von 1697 über das Dorf ist die Bezeichnung  „Nüenkerken“ zu lesen. 

 

Einen ganz anderen Namen verwendet eine in lateinischer Sprache abgefasste Schenkungsurkunde an das Kloster Eldena. Da heißt der Ort „Damme“. 1834 schreibt Julius Heinrich Biesner über die Geschichte des Klosters Eldena, die Gegend wäre um 1200 wegen der vielen Kriege wenig bewohnt: „Jenseits des Ryckflusses lagen die Güter Wampen, Ladebow, Wackerow, Leist und die Insel Koos, wüstes Land waren die Dörfer Damme (jetzt Neuenkirchen), Henekenhagen (jetzt Kieshof) und die dänische Wieck... Alles andere Land des Klosters war als öd und menschenleer zu betrachten.“ 

 

Es scheint ganz so, als  hätte die Gründung des Klosters Eldena einen unmittelbaren positiven Einfluss auf den Ort Damme genommen. Denn mit der Niederlassung der Mönche am Ryck einher ging ein großzügiger Umgang mit wüst gefallenen Orten (unbewohnt), die zu den Ländereien gehörten, die dem Kloster geschenkt wurden: Jeder, der sich hier ansiedelte, war frei von herzöglichen Abgaben und nur dem Kloster verpflichtet. In der Fachliteratur ist zu lesen, dass im Jahr ungefähr 1200 neue Einwohner im Bereich des Klosters Eldena gezählt werden. Viele neue Orte entstanden in der Folgezeit.

Tatsächlich taucht der Name des Dorfes Damme in einer Urkunde von 1248 auf. Die Eldenaer Mönche durften selbst Pastoren einsetzen. So kann es sein, dass eingewanderte Bauern aus Sachsen und Niedersachsen den leeren Ort Damme für sich entdeckten und aus Dankbarkeit sogleich eine kleine Kirche errichteten. Die ältesten Mauerteile der Neuenkirchnener Kirche sollen aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen (siehe auch glockenverein-neuenkirchen.de). Mit dem neuen Kirchlein ist ein Name geboren "Nienkerken". In einer Urkunde von 1297 wird diese Kirche bestätigt (Nigenkerken).

Neuenkirchen im 17. Jahrhundert

Durch Edikt des Pommernherzog Bogislav XIV. kam das Dorf Neuenkirchen, wie viele andere umliegende Dörfer auch, 1633 in die Verwaltung und in das Eigentum der Universität Greifswald. Inwieweit dies unmittelbare Rechtswirkungen entfaltete und sich auf das Leben der Dörfler auswirkte, ist allerdings unklar. Zum einen erlitt der Pommernherzog einen Schlaganfall und er selbst  war handlungsunfähig, zum anderen war Greifswald seit 1631 unter schwedischer Herrschaft. Jedenfalls seit dem Westfälischen Frieden 1648 (Friede von Münster und Osnabrück) kann man wohl davon ausgehen, dass Neuenkirchen im Besitz der Universität Greifswald war. Im Procuraturregister der Universität Greifswald taucht Neuenkirchen seit 1647 regelmäßig auf. Alle Abgaben der Bauern werden in diesen Dokumenten sorgfältig aufgezählt.

22-N-08-Ki-Schwedische-Matrikelkarte-NK.

Neuenkirchen in den Schwedischen Matrikelkarten 1697

Quelle - Landesarchiv Greifswald Rep. 6a Nr. B III 36

Die weitgehende Entvölkerung auf Grund des 30 jährigen Krieges setzte sich fort im schwedisch - polisch -brandenburgischen Krieg (1656 bis 1660). Zudem wütete wohl auch hier die Pest. In der Zeit von Juni 1628 bis 1629 werden 236 Todesfälle gezählt.*

 

Im Zuge Auseinandersetzungen der unterschiedlichen Söldner Ameen wurden Häuser komplett zerstört, sogar des Wohnhaus des Pfarrers war darunter. In Ermangelung von Wohnraum fanden die Einwohner eine Zeitlang Quartier in der Kirche.

„Im Sommer 1659 marschierte der Große Kurfürst mit 18.000 Brandenburgern und kaiserlichen Soldaten gegen Greifswald heran und besetzten auch Neuenkirchen. Im Jahre 1678 schlug eine 16pfündige Kugel durch das Kirchendach. Aber 1694 konnte der Kirchturm in seiner jetzigen Form errichtet werden.“*

 

Nach den Unterlagen der Vermessung durch schwedische Beamte um 1700 hatte Neuenkirchen damals 6 Bauernhöfe. Insgesamt lebten im Ort 21 Familien sowie Mägde und Knechte. Außer einem Pastor, einem Krüger und dem Müller gab es drei Leineweber, einen Schneider, einen Küster, einen Kuh- und einen Schweinehirten sowie zwei freie Männer. Die Anwesenheit der Leineweber und des Schneiders sind ein Indiz dafür, dass das Dorf Neuenkirchen schon damals durch die Nähe der Stadt Greifswald geprägt war.

 

 * Festschrift 725 Jahre Neuenkirchen

22-N-Ki-07-Procuratur-1647-1648.jpg

Abgabenregister der Universität Greifswald von 1647 bis 1648

Quelle -https://www.digitale-bibliothek-mv.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:gbv:9-g-2264326

Neuenkirchen nach 1800 - Ein hübsches Pfarrdorf mit Bauern, die Tabak anbauen *

 

 

 

Neuenkirchen wird 1831 als Pfarrdorf beschrieben, es liegt eine halbe Stunde von Greifswald entfernt und sei gepflegt und hübsch anzusehen, so beschreibt Karl Cranz seinen ersten Eindruck vom Dorf. Neun Parzellenpächter gäbe es hier, einen Wirt und eine Mühle und ein einzelnes Stück Pachtland. Die Häuser sind gepflegt, wären meist „ganz neu gebaut“ mit Staketen-Zäunen um die Gebäude. Deren Fachwerk sei mit dunkelroter Farbe gestrichen, alles sähe adrett aus. Die Bauern machten gute Geschäfte und führten die Felder erfolgreich. Der bescheidenen Wohlstand habe zwei Gründe, zählt Cranz auf: Zum einen erwerben die Bauern preiswert Mist aus der Stadt für ihr Ackerland und zum anderen pflanzen die Bauern Tabak an, der vor Ort verkauft wird. Die Felder werden mit einer Sechs-Jahres-Fruchtfolge bestellt. Die Besitzungen sind 20 bis 340 Morgen groß. Im Ort sei ein Steindamm geplant. Außerdem gebe es kleine Haus- und Gartenbesitzer mit etwas Vieh, die als Eigentumskathner bezeichnet werden.

 

Die Bauern sind Pächter mit Verträgen von 1828 bis 1848, jeder mit 5 bis 6 Pferden, 12 bis 15 Kühen, etwas Jungvieh. Sie zahlen zwischen 45 bis 348 Reichstaler Pachtsumme im Jahr, je nach Größe des Pachtlandes, Die Universität bekommt von Neuenkirchener Pachtbauern im Jahr 1831 rund 2810 Reichstaler, das Gut Wampen (Pachtvertrag 1818 – 1836) zahlt zur gleichen Zeit 4996 Reichstaler.

Neben den Lasten durch die Universität, sind weitere Steuern von den Pächtern zu tragen für die Bauten, Kirchspielabgaben, Kopfgeld (Abgaben pro Einwohner), Dienstgeld (für erlassenen Frondienst) etc. Die Dorfbewohner haben es nicht leicht. Dieses stört den Beobachter von 1831 wenig. Im Gegenteil: Der Autor errechnete eine Steigerung der Pacht durch die Universität zwischen 1650 und 1774 um fast das Fünffache. Karl Cranz, selbst Gutsherr, der damals durch Vorpommern reiste und diese Dokumentation verfasste, nannte diese Einnahmesituation glänzend, seine Sicht war sicherlich nicht die der schwer arbeitenden Bauern.

Von einem Gutsverwalterhaus ist in dieser Darstellung keine Rede.

 

Beiträge zur Kenntnis der Provinz Neu-Vorpommern und der Insel Rügen besonders in Beziehung auf

   Landwirtschaft, Beschaffenheit und äußere Ansicht des Landes, Dr. Karl Cranz, Berlin 1834

Karten und Zeichnungen zum Akademisches Gut Neuenkirchen

22-N-Ki-27-Gutshaus-NK-Grundriß.jpg
22-N-Ki-13-Dreiwohnungskaten.jpg

Grundriss des Gutshauses Neuenkirchen ohne Datierung  Quelle Archiv Universität Greifswald, K 3737

Dreiwohnungskate ohne Datierung, ca Mitte 19. Jh. heute in der Theodor-Körner-Straße gelegen,  Quelle Archiv Universität Greifswald, K 3737

22-N-Ki-25-Drainagekarte-Nk1877.jpg
22-N-Ki-26-Drainagekarte-Nk-1877-Auszug-

Karte einer Drainageanlage von Neuenkirchen. Sie zeigt, wie die Häuser des Gutes angeordnet waren. Quelle Archiv Universität Greifswald, K 3737

Pächter Akademisches Gut Neuenkirchen *

 

Mai 1929 - Dez. 1944      Pachtvertrag mit Diplomlandwirt Robert und Ehefrau Elsa Walker (geb. Mähl)

                                        Walker taucht in den Dokumenten auf, in denen es um Nothilfe in der Krise                                             auch der Landwirtschaft geht

 

15.09.1915                          Pächter Knoll erhält von der Universität ein Schreiben, in dem er aufgefor-                                             dert wird, Mängel am Gut Neuenkirchen zu Beginn der Pachtzeit anzuzeigen

 

1907 - 1911                         Pächter Juhl klagt gegen den Fiskus wegen Schadensersatz Ausbruch Maul                                           und Klauenseuche, Vorwurf der Verschleppung der Seuche durch Versuchs-                                         station in Greifswald

 

* Die aufgeführten Jahreszahlen sagen lediglich, zu welcher Zeit der Pächter in Dokumenten zufällig gefunden wurde. Die Pachtzeit ist nicht bekannt.

Die Suhrsche Mühle 

10-N-BERCH-16-Mühle--1-ca-1962.jpg

Die Mühle nach Leist in einer Aufnahme ca. 1962 kurz bevor sie abgerissen wurde - Quelle Ch. Bernhardt

Das Akademische Gut in der Weltwirtschaftskrise

 

In der Zeit der Weltwirtschaftskrise 1928/29 wechseln in neuen Gütern der Universität die Pächter. Auch in Neuenkirchen gerät Pächter Walker in finanzielle Bedrängnis. Er kann Pachtschulden über 4850 Reichsmark nicht bezahlen und  sich keinen Dünger kaufen. Der landwirtschaftliche Ein- und Verkaufsverein Greifswald schlägt Alarm. Die laufenden Kredite, teilweise mit 12 % verzinst,  machen Walker zu schaffen. Er erhält wie die anderen in Not geratenen Universitätspächter Unterstützung. Die Gutspächter profitieren von einem Hilfsprogramm, an dem sich die Kreisparkasse, der Landrat und die Universität beteiligen. Kredite werden umgeschuldet und teilweise erlassen, die Pachtschulden werden gestundet und um eine Rechnung über 15.000 RM für Düngermittel zu begleichen, bürgt die Universität.

Die desolate Lage der Pächter bessert sich allerdings nicht wesentlich in der Weltwirtschaftskrise.

Die Kolonie von Neuenkirchen

 

Als Kolonie bezeichnen die Neuenkirchner den Teil ihres Dorfes, der Anfang des 20 Jahrhunderts bebaut wurde. Sie liegt von Greifswald kommend linker Hand von der Theodor-Körner-Straße gleich am Dorfeingang.

Ein erstes Schreiben zur Kolonie von Neuenkirchen datiert auf den 31.12.1912. Es wurde von der Pommerschen Landgesellschaft* in Stettin verfasst und richtete sich an den Kurator der Universität Greifswald. Die Universität war Eigentümerin des ins Auge gefassten Siedlungsareals. In dem Schriftstück wurde der Bau einer Kleinsiedlung von ca. 5 Hektar Größe für Postbeamte angeregt. Greifswald als aufstrebende Bürgerstadt benötigte attraktive Siedlungsangebote für Beamte und ihre Familien. Das in der Form eines Dreiecks angelegte Stück Land wurde in den folgenden Monaten an die Pommersche Landgesellschaft verkauft. Eine Ausnahme bildete das in der Spitze (Richtung Greifswald) des Dreiecks liegende Grundstück. Es gehörte weiterhin der evangelischen Kirche.

22-N-Ki-20-erste-Skizze-Kolonie-ca-1909.

Handskizze von 1912 zur Lage der Kolonie,

Quelle Archiv Universität Greifswald, K 3737

Das Vorhaben der Aufsiedlung stieß in Greifswald auf interessierte Ohren. Zum Beispiel fragte Geheimrat Löffler 1913 den Universitätskurator (1888 wurde er Professor für Hygiene und Geschichte der Medizin an der Königlichen Universität zu Greifswald und gründete 1910 das erste Virologische Institut auf Riems), ob es in dieser Sache voran ginge, denn sein Institutsdiener Herrmann Saß würde gern ein solches Stück Land erwerben. Herrmann Saß und Ehefrau Anna gehörten 1917 zu den ersten Siedlern in der Kolonie und zwar auf der Parzelle 6. Mit Schreiben vom 22.02.1913 stimmte der Senat und Rektor einem Verkauf an die Pommersche Landgesellschaft zu. Der Preis betrug 3.200 Mark pro Hektar. 

1914 wendete sich die Pommersche Landgesellschaft an den Kurator der Universität Greifswald. Es ging es um die Bestellung einer Hypothek über 200 000 Mark. Das Geld benötigte man für Erschließung und Bau von Häusern auf den Flächen. Die Universität wurde gebeten, der Beleihung durch die Hypothek zuzustimmen. Offenbar wurde man sich rasch handelseinig.

Auf allen 25 Grundstücken wurden Wohnhäuser, Stallgebäude und Brunnen errichtet. Bis 1920 waren alle Liegenschaften verkauft. 

Beispiel:

Grundstück Band 4, Blatt 24 des Grundbuches Neuenkirchen wird aufgeteilt und besiedelt, es wird ein Rentengut gebildet.

Ernst B. (Landbriefträger) kauft:

Wohnhaus, Stall, Brunnen Hofraum und Acker an der Pflasterstraße nach Greifswald, Fläche 22,25 ar (2225 m²), Datum: 16.05.1918, Kaufpreis: 10.300 Mark, davon 1.000 Mark bar zu zahlen und dann 372 Mark jährlich für 60 ½ Jahre lang (Quelle: Landesarchiv).

 

Die Kolonie erhielt ab 1930 viele neue Eigentümer, die Größe der Grundstücke änderte sich.  Es war für die älteren Hauseigentümer nicht einfach, einen Garten über 2200 qm zu beackern. Man suchte neue Einnahmequellen. Die Flächen wurden geteilt, da Handwerker vor allem aus Greifswald hier gern ein Wohnhaus errichten wollten mit einem dazugehörenden Garten. Schon damals beklagte der Bürgermeister von Neuenkirchen, dass er eine Zersiedelung des Dorfes befürchte.

22-N-Ki-21-Kolonie-nach-Kartaster-1913.j

Handskizze von 1912 zur Lage der Kolonie,

Quelle Archiv Universität Greifswald, K 3737

Wege und Straßennamen in der Kolonie

 

Vor 1945 gab es den Damm, der wegen der vielen Hecken Grüner Weg genannt wird. Heute ist es der Fritz-Reuter-Weg. Und es gab den Mittelweg, heute Ernst-Thälmann-Platz. Die Jahnstraße war der Konsumweg und der schmale Pfad an der B 105 (aktuell entsteht dort ein Teil des Ostseeküstenradweges) hieß Jägersteig. 1960 erhielt die Kolonie die heute bekannten Straßenbezeichnungen, doch bei den älteren Bewohnern halten sich bis heute die alten Bezeichnungen.

 

 

* Pommersche Landgesellschaft: Zur Förderung der „inneren Kolonisation“ in den preußischen Ostgebieten wird in Stettin am 2. Dezember 1910 die Pommersche Landgesellschaft gegründet. Als Gesellschafter gehören ihr der preußische Staat, der Provinzialverband für Pommern und die pommersche Landesgenossenschaftskasse an. Unter „innerer Kolonisation“ wird die planmäßige Ansiedlung bäuerlicher Bevölkerung im Inland verstanden. Sie vollzieht sich unter anderem durch Urbarmachung von Ödland.

(www.wissen.de)

Schießstände in Neuenkirchen und die Waldhalle

 

Auf der Karte von 1835 (Preußisches Urmessblatt) sind die Schießstände bereits eingezeichnet, in den schwedischen Matrikelkarten von 1700 allerdings nicht. In dem Buch ‚Das Greifswalder „Seelenregister“ von 1717’ schreiben die Autoren Brauer und Knoll, dass in diesem Jahr in Greifwald ca. 2800 Einwohner lebten und zusätzlich ungefähr 1000 Angehörige des Militärs in der Stadt untergebracht waren. Also war Greifswald auch damals eine Garnisonsstadt, schlussfolgern sie. Wo es Militär gab, wurden Übungsplätze benötigt. Die Schießstände entstanden in der Folgezeit, wie die Karte von 1835 zeigt.

Fünf Schießstände liegen heute noch in dem kleinen Stück Wald zwischen Neuenkirchen und Oldenhagen versteckt. 

Aus dem 30er Jahren ist eine kleine  Geschichte überliefert: Der Hegemeister Nürnberg (Universitätsförster) kontrollierte die Schießstände regelmäßig, auch am Wochenende.  Seine großen Fußabdrücke (Schuhgröße 45 ist überliefert) waren in der frisch geharkten Erde zu sehen. Die Frauen von Neuenkirchen pflegten die Schießstände und bepflanzten den Eingangsbereich. Sie ärgerten sich regelmäßig über die großen Fußspuren und  schenkten dem Förster ein paar gehäkelte Babyschuhe und eine Karte mit dem Spruch:

Wenn du latscht mag die Rabatten,

die so schön gepflegt wir hatten,

zieh dir diese Schuhchen an

damit man’s nicht so sehen kann.

 

Das in Greifswald stationierte Militär gehörte unter anderem zur Kaserne am Nexöplatz (1891 erbaut) und zu den Kasernen in der Hans-Beimler-Straße (1934 erbaut). Die Soldaten des 2. Pommerschen Jäger-Batallions hielten ihre Schießübungen in Neuenkirchen ab. Sie marschierten von den Kasernen zu den Schießständen im Wald. Ein schmaler Fußsteig, der von der Ecke des heutigen Marktflecken 1/ Dorfstraße in Richtung Greifswald teilweise an der alten B96  entlangführte, erhielt daher seinen Namen: Jägersteig. Wer von den Soldaten den weiten Weg hinter sich gebracht hatte oder den Heimweg noch vor sich hatte, war durstig. Und so bewarb sich Schmietendorf um eine Ausschankgenehmigung in dem Waldstückchen. Die Waldhalle war der Pavillion unter den Tannen. Schmietendorf gehörte das Restaurant „Vier Jahreszeiten“ in der Achterreihen (heute Grüner Weg). Den Ausschank übernahm später Robert Schmietendorf. Er baute um 1900 die Waldhalle um und verkaufte sie 1914 an Adolf Liesegang (Quelle - Günther Kirmis).

Die Waldhalle wurde als Sommerrestaurant betrieben. Hier war es möglich, mit Kaffeepulver und selbst gebackenem Kuchen herzukommen. Im Ausschank wurde der Kaffee gebrüht, die Gäste saßen draußen in der Sommerfrische an den Gartentischen.

22-N-Ki-41-Schießstände-in-der-Karte-von

Ausschnitt Preußisches Urmeßblatt 1835,

Quelle Staatsbibliothek Berlin

22-N-Ki-39-Schießstände-a.jpg
22-N-Ki-39-Schießstände-d.jpg

Reste der Schießstände in Neuenkirchen,

Quelle - Kirchner, Foto 2021

03-N-KIR-05-Waldhalle.jpg

Postkarte zum Restaurant "Waldhalle" nach 1914

Quelle - Kirmis

16-N-POM-07-Waldhalle-mit-Innenansicht-u

Postkarte zum Restaurant "Waldhalle" vor 1914  Quelle - Pommersches Landesmuseum

Die Räume der Waldhalle wurden 1943 bis 1945 zur Unterbringung kriegswichtiger Akten und sonstiger Gegenstände von der Universität angemietet und zum Ende des Krieges wieder an den damaligen Eigentümer Adolf Liesegang zurückgegeben. Er erklärte gegenüber der Universität, die Rote Armee habe die Waldhalle seit dem 30.04.1945 besetzt – die Tische, Stühle und das Geschirr wären zumeist abhanden gekommen.

Die waldhalle wurde auf Betreiben der Roten Armee im Sommer 1945 abgerissen.

 

Die Schießstände wurden nach 1945 zerstört, teilweise wurden die Mauersteine benutzt, um eigenen Wohnraum zu reparieren, zu schaffen oder zu erweitern. Eine Genehmigung zum Abbruch der Mauersteine besaß auch der Vater von Gerhadt Maskow. Er war gesund aus dem 2. Weltkrieg zurückgekehrt. Vom Steineklopfen kam er allerdings nicht lebend heim. Eine umkippende Mauer erschlug den jungen Mann.

 

Heute ist von den Schießständen wenig übrig. Einige der aufgeworfenen Hügel nutzen die Kinder im Winter zum Rodeln und im Sommer, um auf Fahrrädern hügelan und hügelab zu flitzen.

Kirche von Neuenkirchen

16-N-POM-01-Kirche-Neuenkirchen-vor-1945

Der Fotograf dieser Aufnahme war Christian Beerbohm. Beerbohm fotografierte um 1900 Kirchen von Stralsund bis Demmin und machte seine ersten Aufnahmen 1872 ff.

Quelle - Pommersches Landesmuseum

16-N-POM-03-Kirche-und-Pfarrhaus-Alwine-

Der Fotograf dieser Aufnahme war Dr. Ernst Zucker oder ein Familienmitglied. Die Aufnahme entstand in den 1930 er Jahren

Quelle - Pommersches Landesmuseum

Dr. Ernst Zunker war der Sohn eines Pfarrers in Neuenkirchen. Der Pfarrer fiel im ersten Weltkrieg in Frankreich. Die Mutter mit den drei Kindern blieb allein und wohnte im Pfarrwitwenhaus. Es steht heute noch hinter dem Sportstudio und gehört zum Pfarrensemble. 

In der alten Pastorscheune am rechten Bildrand wurden zur DDR-Zeit einige Jahre Mastbullen und Mastschweine der LPG gehalten. Der heutige Parkplatz des Bestattungshauses Pietsch war damals ein nach Jauche Stinkender Misthaufen. Mittig im Hintergrund ist das alte Fachwerk-Pfarrhaus zu erkennen.

Der Glockenverein Neuenkirchen e.V.

Herzlichen Dank an Dr. Ruth Bördlein, 2. Vorsitzende des  gleichnamigen Fördervereins. Sie erstellte die historische Übersicht für das Digitale Gedächtnis der Gemeinde Neuenkirchen.

August 2002

Die Stahlglocken, die seit 1922 im Kirchturm von Neuenkirchen ihren Dienst tun, läuten anlässlich einer Hochzeit zum letzten Mal.

2004

Wegen Korrosion muss das Glockenamt der Pommerschen Evangelischen Kirche Stilllegung der die Glocken des Geläuts der Kirche Neuenkirchen stilllegen. Der Glockenturm weist erhebliche Beeinträchtigungen der Stabilität auf.

 

Auf Initiative des stellvertretenden Bürgermeisters und Mitglieds der Kirchengemeinde Neuenkirchen, Niels D. Müller, reifen bei Einwohnern und Mitgliedern der Kirchengemeinde Überlegungen zur Gründung eines Fördervereins zum Einwerben von Spenden. 

Januar 2005 

Der Glockenvereins Neuenkirchen e.V. zur Unterstützung der Kirchengemeinde Gristow-Neuenkirchen bei der Beschaffung eines neuen Geläuts gründet sich.

Zum 1. Vorsitzenden wird Prof. Dr. Bernd Kordaß gewählt, stellvertretender Vorsitzender wird Niels D. Müller.

Februar 2005

Die alten Stahlglocken werden abgenommen. Eine der Glocken wird vor der Kirche aufgestellt. 

2005/2006

Einwerbung von Spenden

 

Grundlegende Sanierung des Glockenturms 

 

Im Lauf des Jahre werden drei Glocken erworben:

  • Zwei sog. „Lagerglocken“, die gegossen, aber vom Auftraggeber nicht abgenommen wurden, können von der Glockengießerei Bachert in Karlsruhe erworben werden.

  • Die „Pommernglocke“ kann für einen symbolischen Preis von der Domgemeinde St. Nikolai, Greifswald, übernommen werden.

Mai 2006

Die neuen Glocken werden gehängt, in einem feierlichen Festgottesdienst geweiht und ihrer Bestimmung übergeben.

März 2007

Nachdem mit der Erneuerung des Geläuts ein wichtiger Erfolg erzielt wurde, wird auf der Jahreshauptversammlung mehrheitlich der Erweiterung der Satzungszweck des Glockenvereins zugestimmt: 

 

Auszug aus der Satzung

§2 Zweck


Zweck des Vereins ist es, dazu beizutragen, die Kirche und das Ensemble des Pfarranwesens als denkmalpflegerische, kulturhistorische und die Landschaft prägende Bauwerke zu erhalten, sowie den mit ihnen in Verbindung zu bringenden Personen ein ehrendes Andenken zu bewahren. Der Verein wird zu diesem Zweck besonders darauf bedacht sein, in einem möglichst großen Umfeld hierfür Verständnis und Hilfsbereitschaft zu wecken, die Kirchengemeinde bei der Beschaffung finanzieller Mittel zu unterstützen und durch geeignete Maßnahmen die Fortsetzung der weiteren Sanierung der Bauwerke zu garantieren.

 

In der Folgezeit steht das Gedenken an bedeutende Personen, die mit Kirche, Pfarrhaus und Friedhof verbunden sind, im Zentrum der Arbeit des Glockenvereins.

Hierdurch entstehen Kontakte nach Schweden, die auch auf kommunaler Ebene zu intensiven Beziehungen geführt haben.

2007

Erster Besuch einer Gruppe von Schweden aus Munkedal/Bohuslän, dem Geburtsort von Thomas Thorild.

Thomas Thorild (1759 – 1808), schwedischer Dichter, Philosoph und Literaturkritiker; Bibliothekar an der Universität Greifswald von 1793 bis 1808, wurde auf dem Friedhof in Neuenkirchen begraben.

Januar 2008

Gedenken an Alwine Wuthenow anlässlich des 100. Todestages mit einem plattdeutschen Gottesdienst und einer Veranstaltung im Pfarrhaus 

Alwine Wuthenow, geb. Balthasar, (1820 -1908), im Pfarrhaus Neuenkirchen geboren, Dichterin niederdeutscher Sprache, erste Buchveröffentlichung 1858: 

„En poa Blomen ut Annmariek Schulten ehren Goahrn“

En paa blomen.jpg

Oktober 2008

Gedenken an den 200. Todestag Thomas Thorilds:

  • Besuch von Vertretern der Schwedischen Akademie und einer Delegation aus Munkedal

  • wissenschaftliches Symposium zu Ehren Thomas Thorilds im Krupp-Kolleg in Greifswald 

  • Besuch von Vertretern aus der polnischen Partnergemeinde Czlopa

  • Kranzniederlegung am Grab Thorilds

  • Einweihung des Thomas-Thorild-Platzes mit der Skulptur „Eichenarchiv“ von U.P. Twellmann. Der Kauf der Skulptur wird durch eine großzügige Spende der Schwedischen Akademie ermöglicht.

  • Konzert in der Kirche 

2009

April

Zuschuss des Glockenvereins für eine Reparatur am Kirchturm

Besuch von Vertretern der Gemeinde Neuenkirchen und des Glockenvereins in Munkedal aus Anlass des 250. Geburtstag Thomas Thorilds

November

Finanzierung einer Dokumentation zur Baugeschichte des Pfarrhauses in Neuenkirchen durch den Bauhistoriker Mario Schmelter

2011

Neuauflage des Informationsflyers des Glockenvereins Neuenkirchen

Beteiligung an der Finanzierung des Kirchenführers der Dorfkirche Neuenkirchen 

Die Pläne für eine Dauerausstellung zu Thomas Thorild nehmen Gestalt an:

Dr. Robert Oldach (Universität Greifswald/Historisches Institut) erarbeitet das Konzept für eine kleine Ausstellung

2012

Beginn der grundlegenden Renovierung zweier Räume im Pfarrhaus Neuenkirchen zur Einrichtung einer Dauerausstellung 

Umsetzung des Ausstellungskonzepts in Ausstellungstafeln mit Abbildungen und Texten in deutscher und schwedischer Sprache durch Dr. Robert Oldach. 

 

April 2013

Feierliche Eröffnung der Ausstellung in Anwesenheit von schwedischen Gästen und zahlreichen Interessierten aus Neuenkirchen und Umgebung.

Die Veranstaltung weckt überregional – in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung - Aufmerksamkeit.

2014

Die finanzielle Unterstützung der Kirchengemeinde bei nötig gewordenen, umfangreichen Arbeiten am Glockenturm (Austausch von Metallbolzen) wird auch durch großzügige Einzelspenden von Neuenkirchener Bürgern ermöglicht.

 

2015

April: Feier des 10. Jubiläums der Vereinsgründung mit Festgottesdienst,  einem Konzert, Imbiss und Beisammensein. 
Die Texte der Thomas-Thorild-Ausstellung werden mit finanzieller Unterstützung der Schwedischen Akademie als Broschüre vorgelegt.

Oktober

Öffentliche Veranstaltung Ideensammlung zur künftigen Nutzung des Pfarrhauses

September 2016

Glockenverein und Kirchengemeinde öffnen erstmals Kirche und Pfarrhaus zum bundesweiten Tag des offenen Denkmals. 

Motto der Veranstaltung 2016: „Gemeinsam Denkmale erhalten“

Führungen durch Kirche und Pfarrhaus, Besteigungen des Kirchturms und Kaffee und Kuchen im Pfarrgarten werden angeboten.

2017

 

Organisatorische Unterstützung des Projekts „Käthe, Alwine, Gudrun“ des OPERNALE e.V. zum Reformationsgedenkjahr.

Die Uraufführung findet am 9. September in der Kirche zu Neuenkirchen statt.

2018

Notsicherung des Pfarrhausdaches wird erforderlich

 

Erneute Öffnung des Pfarrensembles zum Tag des offenen Denkmals – Motto: Entdecken, was uns verbindet

Führungen durch Kirche und Pfarrhaus, Besteigungen des Kirchturms und Kaffee und Kuchen im Pfarrgarten werden angeboten.

 

Etablierung einer Arbeitsgruppe Pfarrhaus mit Mitgliedern aus Kirchgemeinderat und Glockenverein sowie externen Fachleuten.

Auswahl und Beauftragung eines Architekturbüros zur Entwicklung eines ersten Nutzungskonzepts und einer Grobplanung für die Pfarrhaussanierung

 

Ein erster Kalender mit Fotomotiven aus Kirche und Pfarrhaus (Fotograf: Frank Weichbrodt) für das kommende Jahr wird vorgelegt und beim Tag des offenen Denkmals und beim Herbst- und Erntedankfest in Neuenkirchen angeboten. Die Mitglieder erhalten ein Exemplar als Dank für ihr Engagement im Glockenverein.

2019

Die grobe Nutzungsplanung für das Pfarrhaus wird vom Architekten mit einer ersten Kostenschätzung vorgestellt. 

September

 

Teilnahme am Tag des offenen Denkmals:

Konzert des ABF Chores aus Trelleborg, Vortrag Pastor Dr. Gummelt zu den Neuenkirchener Paramenten, Turmbesteigung, Kaffee und Kuchen
In diesem Jahr werden Grußkarten mit verschiedenen Motiven als Jahresgabe für Mitglieder und Interessierte hergestellt.

2020

Veranstaltung zum 200. Geburtstag von Alwine Wuthenow, geb. Balthasar:

Festvortrag von Dr. Monika Schneikart (Universität Greifswald), Vortrag von Gedichtvertonungen durch Mechthild Kornow.

Zum zweiten Mal wird ein Kalender mit Fotos von Frank Weichbrodt für das kommende Jahr vorgelegt.

 

2021

Dritter Fotokalender für kommendes Jahr entsteht.

Die Arbeitsgruppe Pfarrhaus überarbeitet mit Unterstützung aus der Nordkirche das Nutzungskonzept für das Pfarrhaus.

2022 

Weitere Notsicherung des Pfarrhausdaches werden durch den Glockenverein finanziert.

Mai 1945 - der Krieg ist vorbei - die Rote Armee ist da

 

Über die  Monate im Jahr 1945 ist bislang wenig überliefert. Christa Bernhardt war damals ein kleines braves Mädchen. Sie erzählt, woran sie sich selbst erinnert und was von  Erinnerungen ihrer Mutter im Gedächtnis blieb.

 

Dazu gehört zum Beispiel die Nacht, als Swinemünde am 12.03.1945 bombardiert wurde. Der ganze Himmel habe rot geleuchtet, so Christa Bernhardt.

Dass Familie Bernhardt heute noch lebt, ist ein glücklicher Umstand. Mit dem nahenden Kriegsende gab es die Möglichkeit, auf eines der Flüchtlingsschiffe zu gehen und diesen Teil Deutschlands zu verlassen. Anna Katrin Bernhardt, die Mutter von Christa und Karla Bernhardt weigerte sich, dieses Angebot anzunehmen. Sie mochte Haus und Grundstück nicht verlassen. Das Flüchtlingsschiff sank wenig später voll beladen in der Ostsee. Welches es genau war, ist nicht mehr in Erinnerung geblieben.

 

Kurz vor dem offiziellen Ende des zweiten Weltkrieges hatte Greifswald anders als Anklam am 30.04.1945 kapituliert und damit auch einige umliegende Dörfer vor kriegerischen Zerstörungen bewahrt. Herr Heuer ging in den letzten Tages des April im Dorf von Haus zu Haus und bat darum, weiße Laken aus den Fenstern zu hängen, Neuenkirchen würde kampflos übergeben.

 

Mit der Roten Armee wurden Tatsachen und neue Umgangsformen geschaffen. In Neuenkirchen musste die gesamte Bevölkerung ihre Häuser verlassen. Geduldet wurden nur die ganz alten Bewohner. Viele Familien versuchten, bei Freunden in Greifswald unterzukommen. Es war sehr schwierig. Christa Bernhardt erinnert sich, dass in ihrem alten Elternhaus die Mutter Anna-Katrin Bernhardt nur mit Hilfe eines Passierscheines und nur zum Spargelstechen nach Neuenkirchen kommen durfte. Ihre Großmutter, die Frau des Hegemeisters, hütete in diesen Tagen das alte mit Schilf gedeckte Heim und durfte dort vorerst bleiben. Ihre Familie hatte Glück, in der zweiten Haushälfte quartierte sich ein Offizier ein, dies sorgte für einige Ruhe. Wenn Christa mit ihrer Schwester und der Mutter morgens zur Gartenarbeit auf den Hof kamen, begrüßte die kleine Christa den Russen mit einem freundlichen: „Guten Morgen, Herr Major.“ Die Mutter des Majors war deutsche Jüdin. Ab und an gab es ein paar Kekse für Christa und Karla Bernhardt. In den eigenen vier Wänden wohnte ein russischer Koch. Dessen große Tasse gibt es heute noch in ihrem Haushalt. Im zweigeschossigen Haus gegenüber, wohnte unter anderem Familie Düwell und Halliger. Der war nach Meinung der Russen ein Kapitalist, weil das Wohnhaus ein modernerer Bau war. Hier befand sich vorübergehend das Lazarett von Neuenkirchen. 

Die russische Armee war unter anderem mit vielen Pferdewagen angerückt.  Die Tiere bekamen ebenfalls ein Quartier – den Saal der Gaststätte „Vier Jahreszeiten“ (Gaststätte Block) in der Achterreihe (heute Grüner Weg).

An einem Morgen war es auf dem Hof der Bernhardts brenzlig. Die Mutter wollte gerade den Spargel stechen, da hallten Gewehrschüsse durch die Luft. Sie galten der Mutter. Die Russen dachten wohl, sie wollte verborgene Waffen ausgraben. Wenn man an die Splittergruppen der Deutschen Armee denkt und die Erfahrung, die Soldaten der russische Armee kurz zuvor in Anklam gemacht hatten, wird diese Nervosität verständlich. Aber hier wurde keiner verletzt, die Situation auf dem Hof entspannte sich.

 

Der Tag der offiziellen Kapitulation am 08. Mai 1945 war wieder besonders anstrengend. Der russische Major verfügte, dass an diesem Abend und in der Nacht zur eigenen Sicherheit niemand von den Deutschen im Dorf bleiben dürfe, denn es würde ausgiebig gefeiert werden und es würde viel Alkohol fließen. Wann man in die eigenen Wohnungen zurückkehren könnte, war ungewiss.

 

Dann, einige Zeit später, war es morgens ganz still in Neuenkirchen. Die Division war nicht mehr da, die Häuser leer.  Schnell sprach sich der neue Umstand in Greifswald herum und die meisten Bewohner kehrten in ihre Häuser zurück. In den ersten Nächten nach dem 8. Mai 1945 rückten die Frauen zusammen und schliefen zum Beispiel bei Bernhardts gemeinsam. 

 Im Sommer 1945 gab es marodierende Truppen, die auch vor Waffengewalt nicht zurück schreckten. Ein verletzter russischer Soldat wurde von der Frau des damaligen Pastors Händler versorgt, sie war Krankenschwester. Der Russe wohnte anschließend bei Bernhardts. 

 

Im Sommer 1945 kamen dann immer mehr Flüchtlinge in Neuenkirchen an.

Spargel- und Erdbeerfelder in Neuenkirchen und eine moderne Kartoffelsortiermaschine

 

Das lange feine Frühlingsgemüse wurde anfangs auf 4 Hektar, später auf 7 Hektar gezogen. Eigentlich war es eine Notlösung, erinnert sich Heinrich Zölder, der als Abteilungsleiter der LPG  in der Abteilung Gartenbau seit 1977 in Neuenkirchen arbeitete. Der Boden war an den Stellen so sandig und mager, dass wenig wuchs. So wurde um 1970 die Idee geboren, den begehrten Spargel anzubauen. Allerdings landeten die feinen Stangen niemals in der LPG-Küche. Selten konnten die Spargelstecherinnern  Spargelbruch kaufen und mit nach Hause nehmen. Ob mutwillig Bruch produziert wurde, ist nicht überliefert. Erzählt wird, die Gummistiefel hatten genug Platz, nicht nur für die Füße der Träger. Die Ware wurde anfangs in einem einfachen Schuppen sortiert und von einem Barkas-Fahrer der OGS Greifswald abgeholt. 

Zum Verständnis, in der DDR gab es zum einen das VEB Kombinat Großhandel WtB (Waren des täglichen Bedarfs) und das VEB Kombinat Großhandel OGS (Obst, Gemüse und Speisekartoffeln). Über diese Einrichtungen wurden die Produkte verteilt, weniges kam in den Konsumverkaufsstellen im Norden an. Das Meiste landete in Berlin.

Mitte der 1980er Jahre wurden der Spargel in der neuen modernen Kartoffelsortierhalle handverlesen. Diese Halle entstand, um Kartoffeln für den Export in die Sowjetunion und nach Kuba aufzubereiten.  Stolz erinnern sich noch heute die Landwirte von damals an die moderne Steinwurf-Kartoffelsortiermaschine. In dieser Zeit wurde übrigens auch der Hafen von Vierow angelegt, unzählige Schiffe mit Kartoffeln starteten von hier in die Ferne.

.

22-N-Ki-18-Spargelfelder.jpg

Die rot markierte Flächen zeigen ungefähr an, wo der Spargel wuchs.

Bildquelle: Google Maps

Die Erdbeerfelder gab es seit 1970; diese waren größer als die Spargelfelder. Die Angaben schwanken zwischen 30 und 40 Hektar. Die leckeren Erdbeeren wurden auch von Schülern der Umgebung gepflückt. Es war eine gute Gelegenheit, überhaupt als junger Mensch Geld zu verdienen. Ich selbst gehörte zu diesen Erdbeerpflückerinnen und erinnere mich gut daran, dass ich nachts von unendlichen Reihen mit Erdbeeren träumte, die gepflückt werden müssen. Pro Korb bekam ich eine Mark. Ich erntete an einem Arbeitstag acht Körbe voll.

Um eine ertragreiche Ernte zu bekommen, mussten die Felder bewässert werden. Das wiederum erforderte umfangreiche Vorarbeiten.  Es wurden Brunnen gebohrt, Leitungen verlegt, sogar bis nach Wampen. In Neuenkirchen wurde ein großes Auffangbecken errichtet. Da die Pflanzen nicht mit dem eiskalten Brunnenwasser  bewässert werden durften, wurde es in dem runden Bassin zwischengelagert, erwärmte sich und wurde dann verbraucht. Jenseits der Stralsunder Chaussee lagen ebenfalls Erdbeerfelder. Da der Kohlgraben noch weitgehend verrohrt war, konnte nur Wasser für die Erdbeeren gewonnen werden, in dem man ein kleines Wehr jenseits der Chaussee einbaute. Teile von der Stauanlage sind heute noch zu erkennen.

22-N-Ki-17-Erdbeerfelder-2b.jpg
22-N-Ki-19 Erdbeerfelder1 .jpg

Die rot markierte Fläche zeigt in beiden Bildern ungefähr an, wo sich die Erdbeerfelder von Neuenkirchen befunden haben. Bildquelle: Google Maps

Feuerwehr in Neuenkirchen*

Eine Handskizze von 1913 zeigt erstmals  (Archiv Universität Greifswald, Laufzeit 1899 bis 1920, K 3737) die Lage eines Spritzenhauses in Neuenkirchen. Eingebettet zwischen Universitätsland, dem Nachbarn Ketz (Tanzlokal) und einem Teich liegt es an der heutigen Theodor-Körner-Straße. Wann der Bau realisiert wurde, ist bislang unklar. 

Am 14. Mai 1926 wurde die Neuenkirchener Feuerwehr als Verein gegründet. An das letzte, inzwischen verstorbene Gründungsmitglied Richard Meier können sich viele ältere Kameraden noch heute (2021) erinnern. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befand sich ein Spritzenwagen rechts neben dem Gutshaus, ein Gefährt mit Wasserbehälter und Handpumpe für ein Pferdegespann. Zusätzlich gab es bei Bauer Walter Suhr (heute Areal Physiotherapie gegenüber Einmündung Grüner Weg) einen Unterstand für Pferdegespann mit Spritzenwagen. 

Auf einem Bild von Gerhard Maskow ist zufällig im Hintergrund der Rohbau des kleinen Feuerwehrhauses in der Theodor-Körner-Straße abgebildet. Die Fotografie wurde 1961 aufgenommen, das Jahr, in dem Gerhard Maskow sein Haus erwarb.

In Neuenkirchen stand das Feuerwehrgebäude folglich ab etwa 1961 neben dem Löschteich in der Theodor-Körner-Straße.  Das einfache Haus wurde damals im wahrsten Sinne des Wortes zusammen geheimst, erinnert sich Walter Müns.  Dazu gehörte unter Umständen auch, nächtens Baumaterial zu „organisieren“. Alles wurde vor Ort gelagert und am Wochenende in freiwilliger Arbeit verbaut.

Walther Müns war 1975 gerade 18 Jahre alt,  als er gemeinsam mit drei weiteren Kameraden der Neuenkirchener Feuerwehr beitrat. Die Feuerwehr war damals technisch nicht gut aufgestellt. Sie besaß nur einen TSA, einen Tragkraftspritzenanhänger. Auf diesem befanden sich eine Spritze samt Pumpe und  Löschgerät. Die Zugmaschine konnte ein Trecker sein. Nach Feierabend wurde der aktuell beste Traktor, wie z.B. der ZT 300 vor den Anhänger gestellt. So konnte man bei Bedarf rasch ausrücken. Damals führte diese Feuerwehr ein bescheidenes Dasein. Sie zählte circa zehn Mitglieder.

22-N-Ki-19-Spritzenhaus.jpg

Handskizze, Lageplan Spritzenhaus von 1913, Quelle Archiv Universität Greifswald, K 3737.

19-N-MASK-09-Wuthenowring-31--Blick-Rich

Der Rohbauch mit der großen Tür im Bildhintergrund rechts steht an der Theodor-Körner-Straße. Herr Maskow machte 1961 diese Aufnahme.

07-N-MICH-02-Altes-Feuerwehrhaus-mit-Feu

Auch wenn das alten Feuerwehrhaus sehr bescheiden war, die Ausrüstung wurde immer besser. Foto von 1995.

Kulturelles Leben in Neuenkirchen

Der Regionalverband Landfrauen Landhagen e.V.

landfrauen_festumzug_2011 Kopie.jpg

Landfrauen Festumzug in der Gemeinde 2011 - Quelle Westphal

Der Regionalverband Landfrauen  Landhagen e.V.  ist Teil des 500 000 Mitglieder zählenden Deutschen Landfrauenverbandes e.V. sowie des Land-Frauenverbandes M-V e.V. (besteht seit 1991). Auf Anregung von Elfriede Dörfling, Vorsitzende des Landfrauen Kreisvereins Greifswald e. V. (1992-2018)  gründeten 24 Frauen aus dem Amtsbereich Landhagen im November 2000 die Ortsgruppe  Neuenkirchen. Den Vorsitz übernahm Brigitte Mattausch.

Erntedankfest Neuenkirchen 2019 .jpg

Erntedankfest Neuenkirchen 2019 - Quelle Ehmke

Gruppenfoto 2021).jpg

Mitglieder der Landfrauen 2021 - Quelle Westphal 

2012 übernahm Dr. Angelika Westphal die Leitung der Gruppe. Der Kreisverband  Greifswald löste sich 2018 auf. Aber das stellte die Neuenkirchener Landfrauen nur scheinbar vor ein Problem. Sie wollten sich nicht nur weiter treffen, miteinander plaudern, Freizeit gestalten. Sie wollten mit ihrem Wirken auch weiterhin ein lebendiges Gemeindeleben aktiv mitgestalten, in freundlicher Atmosphäre soziales Miteinander erlebbar machen. Sie gründeten sich neu, als Regionalverband Landfrauen Landhagen e.V.  Ein Angebot nicht nur an die Neuenkichener Frauen, sondern auch an die Frauen in den Nachbargemeinden sowie der Hansestadt Greifswald. An all jene Frauen und Männer(!), die ihren Lebensraum aktiv mitgestalten wollen. „Land braucht Leben“ heißt ihr Motto und so zeigen sie immer wieder Flagge, mischen sich ein in das dörfliche Leben Neuenkirchens, wirken darüber hinaus. Mit Stolz blicken sie auf über 20 Jahre engagierte Arbeit und interessante Projekte, auf viele Veranstaltungen unterschiedlichster Art und schöne gemeinsame Erlebnisse: Dazu zählen Frauentagfeiern, Osterbrunch oder die legendären Weihnachtsfeiern, Reiseeindrücke, Dorffeste, das Greifswalder Fischerfest. Auch ihre Trachten zählen dazu. Die Landfrauen gehören zum Neuenkirchener Alltag. Diese unpolitischen Aktivitäten scheinen umso wichtiger, wenn man alles als Angebot betrachtet, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Die Gemeinde Neuenkirchen setzt sich aus fünf unterschiedlichen Dörfern mit ihrer individuellen Geschichte zusammen. Auch der Zuzug vieler neuer Bürger hatte und hat Einfluss auf das Gemeinschaftsgefühl. Dies positiv zu gestalten, ist jede Mühe wert.

Der Regionalverband Landfrauen Landhagen e.V. ist ein Angebot im vielfältigen sozialen Leben der Gemeinde, gegen Vereinsamung und für kreative Lebensfreude. Die Landfrauen sind landlustig,  inzwischen eine Girlgroup 70+, die sich gern verjüngt(!), vielseitig interessiert, hartnäckig, Powerfrauen, Teamworker: einfach & außergewöhnlich auch noch mit grauen Schläfen!

Angelika. Westphal

 

Osterlinde 2021.JPG
Modenschau 2015.jpg

Modenschau 2015 - Quelle Westphal

Landfrauen schmücken Linde 2021        Quelle Westphal

2015.JPG
Fischerfest 2014.jpg

Landfrauen vor der Fahr nach Bremen 2018 - Quelle - Westphal

Fischerfest in Wieck 2014 - Quelle Westphal

Landfrauen Linde wird gespfanzt 2011.jpg

Landfrauen pflanzen einjährige Linde vor dem Gemeindezentrum mit Bürgermeister Riechert - Quelle Westphal

bottom of page